Leseprobe
Uns war das lange Liegen schon zur Last
und waren im Verweilen fast verblasst
und hatten scheinbar so viel Zeit
zum stillen Spiel. Das Warten fiel uns schwer.
Wir warteten auf einen warmen Irgendwer
und warn voll Ungeduld zu irgendwas bereit.
Vielleicht auf irgendwelche wilde Wasserpferde,
die herangestürmt wie eine losgelassne Herde.
Wir wollten sie reiten. Wir wollten wie Amazonen
brausend auf Schaumstraßen stürmen
und aufbaümend über Wellentürmen
noch wilder sein als über uns Äonen.
Dann können wir uns selbst nicht zügeln
und auf unsren schaumgekrönten Pferdeflügeln
rasen wir rauschend dem lahmen Land entgegen
und machen ihm Angst. Und wie wir lachen
und schrein in Lust. Am liebsten ritten wir auf Drachen...
Dann halten wir an... dann kommt der sanfte, stille Regen...
Draußenspiel
Ein Boot aus Birkenrinde bauen!
Und nur dies tun, wie Kinder spielen
ohne auszuruhn mit strengen Augenbrauen
und ein wenig Angst vor seinen eignen Zielen.
Das ist Ernst und gehaltene Hingabe
mit einem Singsang in der hellen Stimme,
die das Spiel aus sich bestimme
und nicht mit irgendeinem Fremdgehabe.
Sie sagt:
„Gib mir eine volle Rolle groß mit Zwirn!
Lass mich nicht länger warten
in meinem ganz geheimen Sonnengarten!“
Sie legt in Falten
ihre steile Stirn
und spricht dann streng zu ihrem Stock:
„Wenn ich groß bin trag ich einen Rock!
Ich hab dich lang genug gehalten,
und – das ist mein ganzer Ernst –
damit du`s endlich lernst,
Stock, für mich ganz grad zu sein,
denn du bist mein Mast
für mein Segelboot!“
Und dann dreht sie mit Kinderhast
den Stock in ihren feinen Händen
und hat ihm außerdem noch angedroht
ihn wegzuwerfen, denn dann wäre er allein.
Plötzlich: „Bist du mir wirklich böse
und - wenn ich dich erlöse -
bist du dann ein grünes Fröschelein?“
Und flüsternd:
„Ich hab gehört von manchen Großen,
dass, wenn ich dich nur küsste
und wenn ich deinen Mund berühren müsste:
wärst du dann warm und könntest mich liebkosen?“
Der Stock lag stumm in ihrer Hand
und war rau und in der Mitte krumm.
Sie sah ihn einfach an und warf gewandt
mit einem Schwung ihn weg. „Du bist dumm!“
Und ein Vertrauen war in ihren Dingen.
Sie konnte selbst sich schläfrig singen
mit ihren eingegangnen Müdgebärden
und ging fort zu träumerischen Kindergärten.
Rhythmus des fallenden Regens
Manche Morgentage waren so,
als formte irgendwer ein Abbild.
Als käme der Regen von irgendwo,
von irgendwo, wo du nicht hinsiehst
und wo alles ineinander fließt
weich und warm und samtig mild.
Die Hügel fühlen ihre blinden Spiele
wie in den umgekehrten Spiegeln:
es ist, als ob Wasser in die Wasser fiele
wie in überfüllten grauen Tiegeln,
in die die eingefassten Langhaarpinsel
selbst wie eine unendlich lange Insel
noch mehr Wasser an sie geben.
Wer will`s wissen? Was ist noch eben
und was dann? Was ist in dem Nebelleben?
Verhängte Welt nur ohne Vorhang,
drin alle Dinge eingeflochten sind:
Baum und Fels und im Überschwang
das Wasser. Die Welt ist blind
und sieht durch ihre Ohren.
Die Gegenwart hat sich verloren
wie im Nebel ein kleines Kind.
Der Regen geht leiser. Mit einem Male ist
als kämen nackte Mädchen über Steine,
als hätt der kleine Regen sie geküsst.
Sie schweben – und übrig bleibt dann nur die Eine
mit ihrem feuchten ungekämmten Haar,
und ihr Geruch ist ein wenig sonderbar
wie in einem trüb gewordnen Treibhaus,
dessen Scheiben so ganz blind sind.
Plötzlich geht ein aufgehelltes Grau hinaus
und fern irgendwo da lacht ein Kind.