Leseprobe
Ich ruhe lang in Deiner Taschen Tiefe
zusammen nah mit andern Frauendingen
und tu genüsslich so, als ob ich schliefe
und werde wach gestreift von Silberringen
an feinen Fingern, die mich fassen müssen,
weil der blasse Mund dies so befahl.
Ich bin selbst aus Silber oder Stahl
und werde gleich die Wärme wissen,
die Deine Lippen mir entgegenbringen.
Ich werde durch Dich aus mir dringen
und bin rosa, rot auf deinem Mund.
Ich will mich allen andern zeigen
glänzend, stolz als Lippenbund.
Nur Deine Zunge dürft sich zu mir neigen.
Rocksonett
Er zeigt mir mehr, als er bedecken kann
und küsst beim Beineübereinanderschlagen
mit seinem Saum dein Knie, so wie ein Mann
dich küssen würde, ohne dich zu fragen,
weil es so ist. Und kein Kuss kannst du beim Tragen
dieses Stoffes deinem Schenkel je verweigern,
weil er sich an dich schmiegt. Und diese Küsse steigern
sich je nach Sitz. Und weiter oben wagen
sie zu der Rundung durchzudringen
und sind im Bücken sehr gespannt –
dann wieder leichtes, weiches Schwingen
beim Gehn wie eine knisternde Verbeugung,
bewundernd, luftig fallend und galant
und dir so nah wie bei der Zeugung.
Teichsonett
Du bist mein See und bist mein Teich.
Ich bin der Hauch, der deine Oberfläche kräuselt
und der Wind, der in deinem Schilf sanft säuselt,
und vor dem Sturm bin ich dein festgefügter Deich.
In deine Wiesen eingebettet bin ich dein Weiher
und bin dein Frosch und auf dem Wasser deine Rose
und fliege zu dir als der weitgereiste graue Reiher
aus dir durstig trinkend, hingegeben in der Pose,
in der alle Vögel schutzlos sind beim Trinken.
Als wacher Morgenwind bin ich deine Welle
und schlüpfe schmal durch dich als die Forelle
und lass mich sanft zu deinem Grunde sinken
und mit deinen kleinen Kieseln spielen,
die von weither in dein Wasser fielen.